Grusswort Bundesrat Didier Burkhalter

 

Sehr geehrte Konzertbesucher/innen,

 

Musik kann Brücken bauen und zu Frieden beitragen.

 

Dies war einer der Punkte, auf den sich alle 35 Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) einigen konnten. In der KSZE diskutierten die Staaten West- und Osteuropas und Neutrale wie die Schweiz in den frühen 1970er Jahren darüber, wie die Teilung des Kontinents entschärft und die gesamteuropäische Kooperation verstärkt werden könnte. Es ging in diesen mehrjährigen Verhandlungen in Genf um grundsätzliche Prinzipien in den zwischenstaatlichen Beziehungen wie die Respektierung von Grenzen und die Einhaltung von Menschenrechten. Es ging aber auch, und das war ein besonders innovatives Element der KSZE, um die Förderung  gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Kontakte zur Stärkung der europäischen Sicherheit.

 

In der mehr als achtzigseitigen KSZE-Schlussakte, die 1975 in Helsinki unterzeichnet wurde, hielten die Teilnehmerstaaten unter anderem fest, dass „Austausch und Zusammenarbeit im Bereich der Kultur zu einem besseren Verständnis zwischen den Menschen und den Völkern beitragen und so eine dauerhafte Verständigung zwischen den Staaten fördern kann.“ Kulturelle Kontakte sollten dazu beitragen, Entfremdung zu überwinden und Vertrauen wieder aufzubauen. Dabei spielte auch Musik eine wichtige Rolle.

 

Die Schlussakte von Helsinki stellt bis heute eine zentrale Grundlage europäischer Sicherheit dar. Europas Friedensordnung steckt jedoch tief in der Krise. Mit der Ukrainekrise ist Krieg nach Europa zurückgekehrt. Um die 9000 Opfer hat dieser Gewaltkonflikt bis heute gefordert. Die Helsinki-Prinzipien wurden vielfach aufs Gröbste verletzt. Erstmals seit Jahrzehnten wurden Grenzen in Europa ohne gegenseitiges Einverständnis und damit völkerrechtswidrig verschoben. Der Ausgang dieser Krise ist bis heute ungewiss.

 

Als Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), wie die KSZE heute heisst, war die Schweiz 2014 stark in die Bemühungen um Deeskalation in der Ukrainekrise involviert. Unter anderem förderten wir den Dialog zwischen den Konfliktparteien und lancierten eine OSZE-Beobachtermission in der Ukraine. Auch seither setzt sich die Schweiz umfassend für eine politische Lösung der Ukrainekrise und den Reformprozess in der Ukraine ein. Als einziger Drittstaat leistet unser Land zudem humanitäre Hilfe auf beiden Seiten der Kontaktlinie. Mit ihrer eigenständigen Aussenpolitik und ihren Guten Diensten baut die Schweiz immer wieder Brücken, in der Ukraine und anderswo.

 

Aber um die Ukrainekrise nachhaltig zu lösen und den Geist der Schlussakte von Helsinki neu zu beleben braucht es mehr als Politik.

Es braucht den Willen der Menschen zum Miteinander. Ein gemeinsames Einstehen für Frieden und gegenseitigen Respekt.

 

Das ukrainisch-russische „Orchester für den Frieden“ setzt hierfür ein wichtiges Zeichen. Ich danke Gunhard Mattes und allen Musizierenden, die sich an diesem wichtigen Vorhaben beteiligen. Sie alle sind Brückenbauer!

 

Ihnen, liebe Zuhörende, wünsche ich ein unvergessliches Konzert.

 

Didier Burkhalter

 

Konzert vom 5. Mai 2016 in der Tonhalle Zürich